Am 07. Oktober 2024 machten sich gut 30 Teilnehmende auf dem Betrieb Engesser ein Bild von den Synergien zwischen Humusaufbau, Biomasseproduktion und Klimaschutz. Neben Ackerbau zur Biomasseproduktion für Biogasanlagen bildet ein HIT-Aktivstall mit insgesamt 39 Pensionspferden seit 2023 das neue Hauptstandbein des Nebenerwerbsbetriebs.
Betriebsleiter Benedikt Engesser (links) stellt seinen Betrieb und den neuen HIT-Aktivstall beim Hofrundgang auf dem Pferderesort Engesser vor.
Nach einer Betriebsvorstellung und einem Hofrundgang auf dem Pferderesort Engesser war die erste Station ein sogenanntes „Doppel-GPS“ (Ganzpflanzensilage) als Zwischenfrucht vor Silomais. Bioland-Berater Christian Lutz erläutert: „Die Mischung besteht aus 100 Kilogramm Sommerroggen, 80 Kilogramm winterhartem Wickroggen und 7 Kilogramm Inkarnatklee, die im Herbst und Frühjahr jeweils einen Schnitt für die Biogasanlage liefert.
Hier stehen nach Ertragsschätzung über Quadratmeterschnitte 20 Tonnen Frischmasse/Hektar bei ca. 30 Prozent Trockensubstanz-Gehalt. Das ist kein Spitzenertrag, aber es lohnt sich zu mähen und der Wickroggen ist bereits vollwertig etabliert. Der Winterroggen hat hier 10-13 Bestockungstriebe. Nächstes Jahr wird noch Sorghumhirse ergänzt, die im Spätsommer mehr Biomasse bildet als der Sommerroggen.“
„Doppel-GPS“ (Ganzpflanzensilage) als Zwischenfrucht vor Silomais, mit Sommerroggen, Winterroggen und Leguminosen, liefert im Herbst und Frühjahr einen Schnitt für die Biogasanlage.
Bioland-Berater Christian Lutz zeigt den Teilnehmenden die Bodenstruktur der Zwischenfruchtfläche.
Die Maßnahme überzeugte mit einer wunderbaren Bodenstruktur und dem typischen Waldboden-Geruch, was auf ein aktives Bodenleben hinweist. Bei einem Test wurde die Enzymaktivität der Mikroorganismen mit Hilfe von Wasserstoffperoxid in zwei Reagenzgläsern sichtbar gemacht. Die Erde der Fläche wurde mit einer gleichen Menge Erde eines Ackers verglichen, der schon mehrere Monate brach lag. Bei der Erde der Zwischenfrucht war deutlich mehr Schaumbildung sichtbar, was auf eine hohe mikrobielle Aktivität hinweist. Außerdem war der Boden unter der Zwischenfrucht auf Spatentiefe stark krümelig und lebendverbaut, also optimale Bedingungen für Humusaufbau.
Eine gleiche Menge Erde von einem Acker ohne Bewuchs (links), verglichen mit Erde der Zwischenfrucht (rechts). Die Zugabe von Wasserstoffperoxid macht die Enzymaktivität der Mikroorganismen durch Schaumbildung sichtbar.
Bioland-Berater Christian Lutz hob den Anfall des Pferdemists auf dem Betrieb als wertvolle Kohlenstoffquelle für die Humusversorgung des Ackers hervor. Allerdings fehlt für eine gute Rotte des Mists verfügbarer Stickstoff. Das Verhältnis zwischen Kohlenstoff und Stickstoff müsse idealerweise 25:1 sein. Um das zu erreichen, wurden Feldmieten mit 30 Prozent Pferdemist, 70 Prozent Rotklee und etwas Erdreich (für das Einbringen von Mikroben) aufgesetzt. Um für ausreichend Sauerstoff zu sorgen, muss das Material am Anfang regelmäßig durchmischt werden.
Das Ergebnis: schwarzer, geruchloser Kompost mit sichtbarem Bodenleben. „Es ist nicht leicht, das richtige Verhältnis herzustellen. Bei einer zweiten Miete zum Vergleich fehlte der Stickstoff, und die Miete blieb trotz Niederschlägen sehr trocken. Das Material hat sich nur wenig umgesetzt, und es haben sich hauptsächlich Schimmelpilze gebildet“, so Lutz. Ziel der Demofläche im Projekt ist es, den Humusaufbau und die Erträge auf der Fläche mit Kompost mit einer Referenzfläche zu vergleichen, auf der der Kleebestand nur gemäht und mit einer gleichen Menge frischen Pferdemist vermischt wieder auf der Fläche ausgebracht wird.
Auf einer Demofläche werden Feldrandmieten mit Klee und Pferdemist als Co-Substrat verrottet und danach wieder auf dem Kleebestand ausgebracht.
Die verrottete Mischung aus Klee und Pferdemist hat sich gut umgesetzt: dunkel, geruchlos und mit sichtbarem Bodenleben.
Dann ging es weiter zu einer Fläche mit Durchwachsener Silphie zur Samengewinnung. Landwirt Marius Romer, Naturprodukte Romer, erntet und vertreibt die Silphie-Samen: „Der Preis für das keim-stimulierte behandelte Saatgut ist deutlich höher, weist dafür aber eine bessere Keimfähigkeit auf. Die Preisspanne ist groß; durchschnittlich könne man von etwa 300 bis 500 Euro pro Kilogramm behandeltem Silphie-Samen ausgehen, die Aussaatstärke liegt zwischen drei und vier Kilogramm pro Hektar.“ „Doch Silphie könne bis zu 20 Jahre lang mit geringem Aufwand einmal pro Jahr geerntet werden und eigne sich für die Biogasproduktion, in der sie bis zu 90 Prozent des Ertrages von Mais bringe. Sie muss lediglich einmal im Jahr gedüngt und geerntet werden. Man sollte sie im April oder Mai kurz vor oder nach dem Mais mit gewöhnlicher Drilltechnik säen. Unser diesjähriger Ertrag lag bei 55 Tonnen Frischmasse pro Hektar. Versuchsweise wurde dieses Jahr die Silphie nach der Ernte zur Einarbeitung der Stängel und einer anschließenden Aussaat einer winterabsterbenden Zwischenfrucht flach gefräst. Dabei darf die Wurzelknolle nicht erwischt werden, dann treiben die Knollen im nächsten Frühjahr wieder aus“, sagt Romer. Betriebsleiter Benedikt Engesser hat gute Erfahrungen damit gemacht, die Silphie als Untersaat in Mais zu etablieren.
Nach der Ernte kann die Silphie-Fläche auf 2 bis 3 Zentimetern flach bearbeitet werden, zur Einarbeitung der Stängel und Unkrautbekämpfung und zur Aussaat von Zwischenfrüchten. Die Knollen treiben wieder aus.
Betriebsleiter Benedikt Engesser hat gute Erfahrungen damit gemacht, durchwachsene Silphie als Untersaat in Mais zu etablieren.
Im abschließenden Impulsvortrag vertiefte Bioland-Berater Christian Lutz die Kombination von Humusaufbau und Biomasseproduktion, mit Fokus auf Humusbilanzen, Anbauoptionen im Fruchtwechsel und Ertragssicherheit. Die rund 25 teilnehmenden Praktikerinnen und Praktiker bestätigten die zunehmenden Herausforderungen durch die fortschreitende Klimaveränderung. Dürrephasen, Starkniederschläge, Dauerregen, zunehmende Hitzetage und eine höhere Hagelwahrscheinlichkeit führen zu schwankenden Erträgen und zunehmenden Arbeitsspitzen. Ein positiver Effekt des Wandels ist jedoch eine verlängerte Vegetationszeit. Lutz zeigte verschiedene Beispiele für Ackerbaubetriebe auf, wie sie diese zusätzliche Vegetationszeit mit innovativen Anbaukonzepten für einen klimawirksamen Humusaufbau mit überwinternden Zwischenfrüchten als Zweitfrucht vor Mais oder Untersaaten in verschiedenen Kulturen nutzen können.