Rückblick Feldtag am 05.09.24 Roßbacher Hof (Hessen)
Autor:in
Kategorien
Veröffentlicht am
3. Oktober 2024

Am 5. September 2024 fand auf dem Roßbacher Hof in Erbach im Odenwald ein HumusKlimaNetz-Feldtag zum Thema Ackerbausysteme für mehr Klimaresilienz und Artenvielfalt statt.

Nach mehreren Vorträgen zu den Themen „Humusmanagement für eine klimaresiliente Landwirtschaft“, Drohnenaussaat sowie über Erfahrungen mit dem Anbau von mehrjährigen Weizen auf dem Hof, ging es weiter auf dem Feld.
Seit dem Jahr 2022 baut der Betriebsleiter des Roßbacher Hofs in Erbach, Martin Allmenröder, als Projektbetrieb der Universität Gießen auf rund 12 Hektar Getreide, Hülsenfrüchte und Raps in 21 Meter breiten Streifen an. Mit BUND und NABU hat er im Jahr 2020 eine 1,7 Kilometer lange und sechs Meter breite Hecke für mehr Biodiversität und um die Erosion am optimalen Punkt am Hang auszubremsen, gepflanzt. Zudem setzt der Betrieb auf intensiven Zwischenfrucht- und Untersaatanbau. Seit 1980 pflügt Allmenröder seinen Boden nicht mehr um.
Der Roßbacher Hof nimmt am BeeContour-Projekt der Justus-Liebig-Universität-Gießen teil. Eine Versuchsfläche wurde bei der Feldbegehung präsentiert. Alle Kulturen der Fruchtfolge werden auf einem Feld in breiten Streifen angebaut. Ziel ist es, über das Jahr hinweg mehr blühende Hauptkulturen auf der Fläche zu haben, um die Biodiversität zu fördern.

Professor Andreas Gattinger (rechts) zeigt gemeinsam mit Betriebsleiter Martin Allmenröder (links) die Fläche des BeeContour Versuches auf dem Roßbacher Hof.

Professor Andreas Gattinger (rechts) zeigt gemeinsam mit Betriebsleiter Martin Allmenröder (links) die Fläche des BeeContour Versuches auf dem Roßbacher Hof.

Professor Dr. Andreas Gattinger von der Justus-Liebig-Universität Gießen erklärt: „Durch den Streifenanbau ist das 12 Hektar große Hangfeld anstelle mit einer Monokultur mit allen fünf Komponenten der Fruchtfolge bestellt. Dadurch bleibt der Acker nie komplett ohne Vegetation, was die Abundanz und die Vielfalt der Bestäuberinsekten erhöht. Streifenanbau, mit weniger Insektiziden, könnte vermutlich ähnlich positive Effekte für die Biodiversität erzielen wie eine Umstellung auf Ökolandbau oder Blühstreifen. Ein großer Vorteil ist, dass die Flächen nicht stillgelegt werden müssen, sondern weiterhin für die Lebensmittelproduktion genutzt werden. Durch die pfluglose Bewirtschaftung auf dem Betrieb Allmenröder gibt es viele Regenwürmer, die durch Bioporen die Wasserinfiltration bei Starkregen verbessern“, erklärt der Wissenschaftler.
Martin Allmenröder betont: „Der Arbeitsaufwand für den Streifenanbau beträgt nur fünf bis sieben Prozent mehr – das ist gut machbar.“ Die Kulturen könnten widerstandsfähiger werden und es gebe mehr Nützlinge, die Schädlinge in Schach halten, sodass weniger Pflanzenschutzmittel notwendig sind. Darüber hinaus beugt der Streifenbau der Erosion vor. „Wenn es zum falschen Zeitpunkt stark oder lange regnet, liefen bisher die Keller der angrenzenden Häuser voll“, so Allmenröder. Und die Unwetter haben zugenommen. „Früher hat man bei Starkregenereignissen immer von 50 Litern pro Quadratmeter gesprochen. Heutzutage fallen auch mal 100 Liter in kurzer Zeit. Dieses Jahr sind wir beim Ernten des Getreides mit dem Mähdrescher steckengeblieben, weil es so feucht war. So etwas habe ich im Odenwald noch nicht erlebt.“

Hecke

Harald Hoppe vom BUND Odenwald fragte Martin Allmenröder einmal: „Willst du nicht mal etwas für die Natur tun?“ Martin antwortete klar: „Ja, aber es darf nichts kosten.“ Daraufhin bemühten sich der BUND und der NABU um Fördermittel, sodass die 60.000 Euro Kosten für die Anlage einer Hecke und eines Zauns vollständig durch die beiden Umweltverbände abgedeckt wurden. Um die Wirkung der Hecke als Erosionsschutz und für den Artenschutz weiter zu verbessern, entschied sich Martin Allmenröder für einen zusätzlichen Grünstreifen unterhalb der Hecke.
Dr. Philipp Weckenbrock, Agroforstexperte der Justus-Liebig-Universität in Gießen, betont, dass Erosion wie eine Lawine ist – wenn sie einmal ins Rollen kommt, ist sie schwer aufzuhalten. Daher ist es so wichtig, die Hanglänge zu verkürzen, damit der Boden erst gar nicht ins Rutschen gerät. Weckenbrock hebt die vielen positiven Effekte von Bäumen auf dem Acker hervor, insbesondere wenn diese zur Holz- oder Lebensmittelproduktion genutzt werden. Die kombinierte Ertragsleistung der Fläche kann im Vergleich zu einer reinen Plantage oder einem reinen Acker um 20 bis 40 Prozent höher sein. Vor allem werde der Wind gebremst und so das Austrocknen der Pflanzen verhindert. Bis zum gewinnbringenden Ertrag dauert es aber lange: Hochstamm-Obstbäume bringen erst nach 15 bis 20 Jahren ihren vollen Ertrag, Wertholzbäume allerdings erst nach 50 bis 60 Jahren. Allmenröder hat versuchsweise einzelne Bäume in die Hecke integriert.

Dr. Philipp Weckenbrock, Justus-Liebig-Universität Gießen, erklärt die verschiedenen Vorteile der Heckeanlage auf dem Roßbacher Hof

Dr. Philipp Weckenbrock, Justus-Liebig-Universität Gießen, erklärt die verschiedenen Vorteile der Heckeanlage auf dem Roßbacher Hof

Mehrjähriger Weizen

Auf einer Demonstrationsfläche im HumusKlimaNetz baut Martin Allmenröder eine Weizensorte an, die nach der Ernte wieder austreibt und im nächsten Jahr erneut geerntet werden kann. Zum Vergleich wird direkt daneben eine betriebsübliche Weizensorte angebaut. Die Ernte im ersten Jahr sei beim mehrjährigen zwar etwas geringer als beim herkömmlichen Weizen, im zweiten Jahr spare er aber die Saatgutkosten und muss den Boden nicht bearbeiten. Zusätzlich erwartet er, dass der mehrjährige Weizen durch die durchgängige Bodenbedeckung sowie größere und tiefere Wurzeln mehr Humus aufbauen kann. „Das wird sich 2027 zeigen, wenn die zweiten Bodenproben im HumusKlimaNetz-Projekt gezogen und ausgewertet werden“, berichtet der Landwirt.

Martin Allmenröder zeigte am 04.07.24 die Höhe des mehrjährigen Weizens auf dem Roßbacher Hof

Martin Allmenröder zeigte am 04.07.24 die Höhe des mehrjährigen Weizens auf dem Roßbacher Hof

Betriebsbegleiter Moritz Böhm (5. von links), Bioland Beratung GmbH, zeigt den Boden auf dem Feld, wo der mehrjährige Weizen in diesem Jahr gewachsen ist

Drohnenaussaat einer Untersaat

Der Roßbacher Hof führt im Rahmen des HumusKlimaNetz nun im zweiten Jahr die Drohnenaussaat von Untersaaten durch. Dabei wird eine Samenmischung z.B. in bestehende Getreidebestände eingesät, um den Boden nach der Ernte zu bedecken und zu schützen.
Martin Allmenröder berichtet: „Leider sind die Samen nicht auf allen Feldern gut aufgegangen, fast ausschließlich die Zottelwicke hat sich gut etabliert. Diese ist jedoch etwas zu früh hochgewachsen und hat uns bei der Ernte Probleme bereitet. Vor allem die geringeren Kosten im Vergleich zur Aussaat mit der Sämaschine sowie die Schonung des Bodens durch die verringerte Anzahl an Überfahrten sind unsere Hauptvorteile dieser Aussaatmethode.“
Jonas Schulze, Referent beim Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen (LLH), ergänzt: „Die Drohnensaat bietet Potenzial zur Reduktion von Arbeitsspitzen und zur Bodenschonung, muss jedoch noch intensiv getestet werden. Wir haben uns als LLH zum Ziel gesetzt, konkrete Beratungsempfehlungen für die Drohnensaat zu erarbeiten.“

Die Wicke aus einer Untersaat ist nach der Ernte in Juli hochgewachsen und blüht

Die Wicke aus einer Untersaat ist nach der Ernte im Juli hochgewachsen und blüht

Sander Hoogendam, Regionalkoordinator HumusKlimaNetz, BÖLW, betont: „Es war beeindruckend zu sehen, wie hoch die Wicke gewachsen ist und wie viele Insekten die lila Blüten angezogen haben. Durch das zusätzliche Pflanzenwachstum direkt nach der Ernte hoffen wir im HumusKlimaNetz, zum Humusaufbau beizutragen.“