Kontakt  |  Newsletter  |  PresseEN

Feldtag bei der 133 Hektar GmbH und Co. KG am 13.06.2025 (Mecklenburg-Vorpommern)
Kategorien
Veröffentlicht am
25. Juli 2025

Wie können Agroforstsysteme Klimaresilienz, Humusaufbau und Biodiversität fördern? Zu diesen Fragestellungen diskutierten rund 20 Teilnehmende beim Feldtag auf den Agroforstflächen der 133 Hektar GmbH und Co. KG in Lassan im Landkreis Vorpommern-Greifswald.

Der Betrieb 
Die 133 Hektar GmbH und Co. KG wurde 2019 gegründet und wirtschaftet seitdem ökologisch. Der Betrieb wird von Landwirt:innen gemeinsam im Haupterwerb bewirtschaftet. Da der Betrieb viele Flächen langfristig von der Kirche pachtet, können verschiedene Agroforstsysteme, Kurzumtriebsplantagen (KUPs) und Dauerkulturen angelegt werden. So wurde 2023 ein Pappel-Agroforstsystem über das HumusKlimaNetz als Maßnahme umgesetzt.
Weiterhin beteiligt sich der Betrieb am deutschlandweiten Forschungsnetzwerk agroforst-monitoring, welches an der Universität Münster 2020 von Studierenden initiiert wurde und mittlerweile mit vielen weiteren Forschungseinrichtungen, landwirtschaftlichen Betrieben und gemeinnützigen Verbänden zusammenarbeitet.

Auftakt zum Feldtag
Der Feldtag startete auf den angelegten Agroforstsystemen mit Obstbäumen und Pappeln. Markus Ingold und Christian Ihle von der 133 Hektar GmbH und Co. KG stellten ihren Betrieb und ihr Betriebskonzept vor und berichteten über ihre Erfahrungen beim Anlegen der Agroforstsysteme, der Bewirtschaftung und der ackerbaulichen Nutzung.

Markus Ingold (3. von links) von der 133 Hektar GmbH ist auf dem Betrieb zuständig für die Gehölze und Agroforstsysteme

Christian Ihles (6. von links) Schwerpunkt ist der Ackerbau der 133 Hektar GmbH

So haben sie zum Beispiel 2023 mehrere Pappelstreifen im sogenannten Keyline-Design angelegt, was sich im Nachgang für die Bewirtschaftung der Fläche aber leider als ungünstig herausgestellt hatte, da die Baumreihen zu eng aneinanderstehen.
Keyline-Design ist ein ganzheitliches Planungs- und Bewirtschaftungskonzept für landwirtschaftliche Flächen: Ziel der Maßnahme ist es, Wasser optimal in der Landschaft zu verteilen, Erosion zu verhindern und die Bodenfruchtbarkeit zu erhöhen. Umgesetzt wird es durch die gezielte Analyse der Geländeform, das Anlegen von Gräben, Teichen und Pfluglinien entlang spezieller Höhenlinien (Keylines), sodass Wasser in trockene Bereiche geleitet und gleichmäßig im Boden verteilt wird. In den Pappelstreifen wiederum wurden verschiedene Pappelsorten angepflanzt, von denen einige besonders gut angewachsen sind und andere hingegen sehr kümmerlich wachsen. Markus Ingold betonte darüber hinaus, dass man sich genau überlegen sollte, wie man die Pappeln verwerten möchte, zum Beispiel als Hackschnitzel, bevor man ein Agroforstsystem anlegt. Er empfiehlt Interessierten, eine Fachberatung und -planung einzubeziehen.

Citizen Science zum Ausprobieren
Im Anschluss an die Betriebsvorstellung und den Erfahrungsbericht von Markus Ingold und Christian Ihle zu den angelegten Agroforstsystemen stellten Julia Binder und Thomas Middelanis das von ihnen initiierte und geleitete Projekt agroforst-monitoring vor.

 

Julia Binder und Thomas Middelanis (rechts im Bild) bei der Vorstellung des Projekts agroforst-monitoring

Kernstück der Arbeit ist der bürgerwissenschaftliche Forschungsansatz oder auch Citizen Science-Ansatz. Interessierte Bürger:innen werden von den Forschenden ausgebildet, vor Ort selbst Monitoring-Aufnahmen durchzuführen. So war unter den Teilnehmenden des Feldtags eine Bürgerin, die der Lokalgruppe aus Lassan angehört und selbst seit einiger Zeit das Monitoring begleitet. Den anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmern bot sich die Gelegenheit, selbst auszuprobieren, wie Laufkäfer und Beikrautarten zu bestimmen sind. Hierfür wurden die Teilnehmer:innen in zwei Gruppen eingeteilt: Eine wertete Fangschalen mit verschiedenen Laufkäferarten aus und die andere bestimmte in einem von drei Transekten, die auf der Fläche angelegt wurden, u.a. den Bedeckungsgrad und die dominierenden Pflanzenarten.

Julia Binder, im Transekt stehend, beim Erklären des Citizen Science-Ansatzes im Projekt agroforst-monitoring

Thomas Middelanis mit Teilnehmenden des Feldtages vor der Auswertung der Fangschalen im Transekt

Zusammen diskutierten alle Teilnehmer:innen eine Spatenprobe und beurteilten den Bodenzustand auf der Fläche.

Bei der Spatenprobe entdeckter Regenwurm

Projektergebnisse und internationale Agroforst-Forschung
Nach einem Mittagsimbiss folgte ein Vortragsteil. Thomas Middelanis zeigte erste Ergebnisse des Projekts aus verschiedenen Agroforstsystemen auf, die agroforst-monitoring begleitet. Es zeigte sich, dass die Baumstreifen einen Einfluss auf die Anzahl der Laufkäfer haben. So sind in der Nähe von Baumreihen mehr Laufkäfer zu finden, die einen wichtigen Beitrag zur Schädlingsbekämpfung darstellen. Je mehr Laufkäfer auf einer Fläche vorhanden sind, umso weniger Schädlinge treten auf. Middelanis hob die Bedeutung von Agroforstsystemen mit der 3 A-Regel hervor: Agroforstsysteme seien abwechslungsreich, anschlussfähig und ausdauernd. Im Anschluss daran stellte Simone Witzel, Regionalkoordinatorin des HumusKlimaNetz, BÖLW, das Modell- und Demonstrationsvorhaben zum Humusaufbau und -erhalt in Ackerböden vor.
Frau Prof. Dr. Bettina Eichler-Löbermann (Agrar- und Umweltwissenschaftliche Fakultät der Universität Rostock) gab einen Überblick über die internationale Forschung zu Agroforstsystemen. Global betrachtet, umfasst die landwirtschaftliche Nutzfläche 4,8 Milliarden Hektar, wovon ca. 1,2 Milliarden Hektar Agroforstflächen sind, also rund 25 Prozent. Die Zahlen sind jedoch eine Schätzung, da Statistiken verschiedener Länder unterschiedliche Bedeckungsgrade der Bäume verwenden (10 – 30 Prozent). Agroforstsysteme würden 50 – 80 Prozent der Biodiversität natürlicher Wälder erreichen können. Interessant sei der Vergleich zwischen tropischen Gebieten und gemäßigten Breiten in Bezug auf die Gründe, warum Agroforstsysteme angelegt werden: In tropischen Gebieten werden sie vor allem zur Armutsbekämpfung, Nahrungssicherheit und als Energiehölzer (Feuerholz) angelegt. Laut Professorin Eichler-Löbermann dominieren in gemäßigten Breiten der Umweltschutz und die Verbesserung der Wasserqualität, der Schutz der Biodiversität und auch das Einkommen, was durch den Anbau von Agroforstflächen generiert werden kann.

Abschlussdiskussion mit Agroforst-Expertise
Zum Ende des Feldtages diskutierten die Teilnehmenden mit Leon Bessert (Projekt SEBAS, DeFAF e.V.) über den Einfluss von Agroforstsystemen auf den Humusaufbau, die Klimaresilienz und die Biodiversität, aber auch über deren Wirtschaftlichkeit und Wertschöpfungsketten im Pappelanbau und im Obstbau. Leon Bessert stellte dazu zunächst den DeFAF (Deutscher Fachverband für Agroforstwirtschaft e.V.) vor, dessen Ziel es ist, die Agroforstwirtschaft in Deutschland zu verbreiten. Weiterhin betonte Bessert die Vorteile von Agroforstsystemen, wie der Schutz vor Winderosion und die Verbesserung der Wasserrückhaltefähigkeit und der Infiltrationsfähigkeit des Bodens. Darüber hinaus pumpen Bäume Wasser und Nährstoffe aus tieferen Bodenhorizonten in weiter oben liegende und seien somit in der Lage, die Umgebung zu kühlen. Des Weiteren förderten Gehölzstreifen die Vielfalt von Bakterien und Regenwürmern. Durch den Eintrag von organischem Material über Laubstreu und der Abwesenheit von Bodenbearbeitung kann Humus aufgebaut werden. Zusätzlich fänden sich auch im Ackerstreifen in Agroforstsystemen mehr Regenwürmer. Aufgrund von verringerten Störungen im Gehölzbereich wird die Biodiversität von Tieren gefördert, erläuterte Bessert. Er zählte auf, dass etwa ein Drittel aller Insektenarten Deutschlands Gehölze nutzen und streifenförmig angelegte Agroforstsysteme die Anzahl und auch die taxonomische Diversität von Spinnen fördern. Auch er betonte den Beitrag dieser Nützlinge zur Schädlingskontrolle. Weiterhin stellte er noch das Projekt „SEBAS: Förderung der biologischen Vielfalt durch Agroforstwirtschaft“ vor, an dem auch zwei brandenburgische HumusKlimaNetz-Betriebe beteiligt sind: Gut & Bösel und der Landwirtschaftsbetrieb Domin. Zum Abschluss ging er auf die wirtschaftlichen Aspekte von Agroforstsystemen ein. So könnten zum Beispiel Obst- und Nussbäume vor allem in der Direktvermarktung sehr hohe Wertschöpfung generieren und bieten ein weiteres Standbein.